Mittwoch, 10. Oktober 2018

Von der Bildung zum vernetzten Denken


Sie haben die sechs Fragestellungen im Vorfeld zu diesem Beitrag nicht gesehen? Hier finden Sie eine Zusammenfassung. Es ist empfehlenswert, sich diese vor dem Lesen des folgenden Textes anzuschauen.

Vom vernetzten Denken wird in der heutigen Zeit viel gesprochen. Doch wer kann es wirklich? Und wer wendet es an?

Bildung ist die Antwort auf Komplexität

Fälschlicherweise wird Bildung heute oft synonym mit Wissen oder Intellekt verstanden. Bildung fusst jedoch gleichberechtigt auf den Elementarkompetenzen von Wissen, Denken und Kommunikation. Mit dem Ziel, den Menschen zu einer Persönlichkeit zu formen.

Wissen umfasst dabei Fakten, als deklaratives Wissen. Denken versteht sich als die Fähigkeit mit unterschiedlichen Strategien durch Erkenntnisgewinn zur Problemlösung zu kommen und umfasst auch Aspekte wie das Interpretieren und Beschreiben. Kommunikation schliesslich kann in diesem Kontext einerseits als Fähigkeit verstanden werden, das eigene Wissen und Denken transparent zu machen. Andererseits auch als die Fähigkeit, sich hinsichtlich des Wissens und insbesondere des Denkens in eine andere Person hineinzuversetzen.

Die sechs Denkaufgaben zeigen, dass man mit Wissen als deklaratives Wissen alleine nur ungenügend vernetzt denken kann. Vernetzt denken versteht sich als Prozess, mit Hilfe von Wissen, Denken und Kommunikation Zusammenhänge zu erkennen, welche als solche noch nicht faktenbasiert im Hirn abrufbar sind. Entsprechend kann vernetztes Denken nicht auswendig gelernt werden.

Schauen wir uns die Denkaufgaben im Einzelnen an.

Natürlich ist es nicht unnütz, wenn man sich noch an das Pascal’sche Dreieck aus der Grundschule erinnert und entsprechend weiss, was es ist. Hilfreicher in der Anwendung ist jedoch, wenn man den Link vom Binomialkoeffizienten über die Binomialverteilung hin zu Algorithmen machen kann, die in der Datenklassifikation u.a. für maschinelle Lernverfahren zur Anwendung kommen.

Als Manager sollte man sich auch in den gängigen Verteilfunktionen auskennen, wenn man den Einsatz maschineller Lernverfahren propagiert. Um zur Erkenntnis zu kommen, dass bei den heutigen maschinellen Lernverfahren nicht die Algorithmen an sich lernen, sondern die Verteilung durch neue Daten (hoffentlich) verbessert wird.

Wenn Sie das Grundprinzip der asymmetrischen Verschlüsselung von RSA kennen gehören Sie zu einer Minderheit. Hut ab, wenn Sie dieses anhand zweier unterschiedlicher Primzahlen und dem Modulo rechnen als solches zu erkennen vermögen.

Wenn Sie sich jetzt noch bewusst sind, wo dieses Verfahren der Verschlüsselung heut zu Tage überall eingesetzt wird und wie wichtig es für die Digitalisierung ist – dann spreche ich von vernetztem Denken. Digitalisierung ohne Verschlüsselung ist undenkbar. Wer als Manager von Digitalisierung spricht, sollte auch Grundkenntnisse in der Verschlüsselung und digitalen Signaturen haben.

Die Zahlen-Buchstaben-Kombination 706584c27a35 sagt Ihnen nichts, Sie wenden aber Scrum im Team an? Vielleicht ein Grund, ein kleines Stück tiefer in die Zahlenwelt zu tauchen und sich mit polyadischen Zahlensystemen auseinander zu setzen. Neben Binär gibt es ein weiteres in der Informatik gängiges, nämlich Hexadezimal. Die Umrechnung auf Dezimal (auch ein polyadisches Zahlensystem) bringt Ihnen bei genauer Betrachtung den gekürzten Anfang der bekannten Fibonacci-Zahlen an die Oberfläche: 1 2 3 5 8 13 21 34 55 89. Der Link zu Scrum, als Mass der Komplexität im Planning Poker, klingt nun naheliegend.

Das Beispiel zeigt, vernetztes Denken ist nicht immer nur zwei Themen miteinander zu verknüpfen. Zuerst mussten Sie wissen was ein QR-Code ist und wie man ihn auslesen kann. Dann brauchten Sie die Idee des hexadezimalen Zahlensystems. Schliesslich mussten Sie die Fibonacci-Zahlen erkennen um den Link zu Scrum machen zu können. Manchmal muss auch ein Manager etwas tiefer tauchen um anschliessend auf hoher Flughöhe die grösseren Zusammenhänge sehen zu können.

Goldbaren und Performance? Welche Performance überhaupt? Es ist nicht immer notwendig die Lösung einer Fragestellung bis ins Detail zu kennen, um den Zusammenhang zu sehen. Manchmal muss man das Rätsel aber zuerst richtig lösen um darauf kommen zu können.

Legen Sie (in einer Messung) vom ersten Zwerg einen Goldbaren, vom zweiten Zwerg zwei Goldbaren, vom dritten Zwerg drei Goldbaren u.s.w. auf die Waage. Das Gesamtgewicht wird leider nicht exakt 28 kg sein, da Sie ja betrogen werden. Ist es ein Gramm zu leicht, betrügt der erste Zwerg. Sind es zwei Gramm die fehlen, der zweite Zwerg. Fehlen drei Gramm ist es der dritte Zwerg u.s.w.

Und der Link zur Performance? Eine Messung ist eine Recheneinheit. Die jeweilige Anzahl Goldbaren pro Zwerg ein effizient möglicher Sortieralgorithmus. Mit intelligenten Lösungsalgorithmen können Sie viel performantere Software schreiben. Seien Sie sich bewusst, dass es oftmals möglich ist, teure Rechenoperationen einzusparen, wenn das Problem grundsätzlich anders gelöst wird. In der Realität haben Sie meist nicht 7 Zwerge, sondern Hunderttausende oder Millionen von «Zwergen».

Obwohl Speicher heute günstig sind, sparen Sie mit Algorithmen wie dem obigen auch noch (Arbeits-) Speicher.

Für Sie ist Prolog ein Vorwort, eine Einleitung, erkennen aber im Code-Beispiel das Sudoku—Spiel? Gut gemacht. Richtig vernetzt denken Sie aber erst dann, wenn Sie auch wissen, welche Art von Problemen Sie mit einer deklarativen Programmiersprache, wie eben Prolog, gegenüber imperativen Sprachen, wie bspw. Java, wesentlich schneller lösen können. Mit imperativen Sprachen brauchen Sie ein Vielfaches an Code-Zeilen und mehr Testaufwand um ein Sudoku zu implementieren, weil Sie den Lösungsweg selbst finden und schreiben müssen. In Prolog als deklarativ und logische Programmiersprache müssen Sie für ein Sudoku nur das Problem beschreiben (können). Zugegeben, das ist manchmal schon schwer genug.

Es ist von Vorteil, wenn Sie als Manager davon überzeugt sind, dass die richtige Technologiewahl für das jeweilige Problem von Bedeutung sein kann. Ihre Entwickler sind künftig unter Umständen einiges effizienter unterwegs.

Mehr als ein Visum pro Tag machen Sie nicht, kennen aber trotzdem den Plural davon? Sie haben zwar nur einen in Ihrer Firma, wissen aber trotzdem was Kodizes sind? Sie kennen sich mit (ursprünglichen) Fremdwörtern und deren Anwendung in der deutschen Sprache aus, das ist hilfreich. Doch können das die anderen Mitarbeiter in Ihrem Team auch? Verstehen alle die Fremd- und Fachwörter und haben dasselbe Verständnis davon? Vernetzt denken Sie, wenn Sie sich der Notwendigkeit einer gemeinsamen Sprache in einer Firma, Abteilung, Projekt u.s.w. bewusst sind. Wenn Sie wissen, dass sprachliche Missverständnisse in unpassenden Lösungen enden können.

Viel Spass beim vernetzten Denken auf den Grundlagen der Bildung!
Ronny Fuchs

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